Tischharfen-Projekt

Februar 2022:         Ein fast schwebender Klang       

Doch was muss man sich unter einer Tischharfe vorstellen? Die Veeh- oder Tisch-Harfe ist ein Zupfinstrument, das erst Ende der 80er Jahre auf Basis einer Zither entwickelt wurde. Der 2020 im Alter von 85 Jahren verstorbenen Landwirt Hermann Veeh konzipierte das Instrument sowie eine dazu passende Notenschrift für seinen Sohn, der am Down-Syndrom litt.

Unter die Saiten wird ein Notenblatt geschoben. Weil die Notenköpfe direkt unter den Saiten liegen, die gezupft werden müssen, ist das Instrument relativ einfach mit den beiden Zeigefingern zu spielen. Das bedeutet jedoch nicht, dass neben Volksliedern nicht auch Konzertmusik möglich ist - bis hin zum echten Tischharfen-Orchester. Manche Musikschulen bieten Weiterbildungen an, auch in der Musiktherapie findet die Tischharfe Verwendung. Wie läuft nun so eine Unterrichtsstunde ab? Zunächst fällt auf, was sauber gespielte Tischharfen für einen schönen, fast schwebenden Ensembleklang vor allem bei Mehrstimmigkeit ermöglichen. Überhaut er- staunt, wie hochkonzentriert beim Kurs in Calw alle bei der Sache sind. „Klingen tut’s super und ihr seid euch auch sehr einig im Rhythmus“, lobt Sebastian Weber seine Schüler. In diesem Fall sieben Seniorinnen und ein Senior. Die Herren sind bei musischen Weiterbildungen generell in der Unterzahl.

Vor Unterrichtsbeginn stimmt der in Seniorenarbeit erfahrene Kursleiter alle Tischharfen elektronisch exakt. Die Sparkassen- Stiftung für die Region hat inzwischen 30 Instrumente angeschafft, so dass maximal drei Gruppen möglich sind. Zum Start im Oktober 2021 kamen zwei Kurse in Mühlacker und Calw zustande. Das Interesse war jedoch weitaus größer.

Die große Mehrheit der Calwer Teilnehmenden hat sich übrigens eine eigene Tischharfe angeschafft. Ein deutliches Zeichen, mit welcher Begeisterung der Kurs aufgenommen wird. Über die Weihnachtsfeiertage durften auch die Leihinstrumente mit nach Hause genommen werden. Und fast alle haben beim Fest im Familienkreis vorgetragen, was sie gelernt haben.

Als gesondert geeignet erweist sich die Veehharfe übrigens für Kanons wie „Froh zu sein bedarf es wenig“ oder „Kein schöner Land in dieser Zeit.“ Geduldig und einfühlsam leitet Sebastian Weber an, auch wenn mal etwas nicht gleich verstanden wird. Schließlich sind die Harfenistinnen und der Harfenist in einem Alter, in dem das Erlernen eines neuen Instruments eher die Ausnahme ist. Der Musikpädagoge singt die Melodien mit und lobt viel, in dieser zwölften und letzten Stunde des ersten Kurses auch hörbar berechtigt. Beim bereits gestarteten Fortgeschrittenen-Kurs sind übrigens fast alle Teilnehmenden des Anfängerkurses wieder dabei. Damit nicht nur Volks- und Kirchenlieder gespielt werden können, will Sebastian Weber auch Noten für bis zu vierstimmige Stücke schreiben, die nicht unter diese Kategorie fallen. Beim Calwer Kurs stößt diese Ankündigung jedenfalls auf große Begeisterung.